Nachfolgegestaltung in Europa

Die fortschreitende Globalisierung bringt auch in der Nachlassgestaltung vermehrt individuelle rechtliche und steuerrechtlichen Gestaltungsbedarf mit sich. Ferienwohnsitze im Ausland, ausländische Ehepartner, im Ausland lebende Kinder, Beteiligungen an ausländischen Investmentsfonds sind nur einige Beispiele grenzübergreifender Nachlass Für alle Erbfälle seit dem 17. August 2015 gilt die EU-Erbrechtsverordnung in allen EU Mitgliedsstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Großbritannien und Irland. Hier wie auch in Drittstaaten (z. B. der Schweiz) gelten weiterhin die allgemeinen Regelungen des Internationalen Privatrechts.

Zentrale Änderung zum bisherigen Prinzip der Staatsangehörigkeit ist nunmehr die Maßgeblichkeit des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers gem. § 21 Abs. 1 ErbVO. Auch eine Nachlassspaltung aufgrund Belegenheitsprinzip von Immobilen und Grundbesitz gibt es nicht mehr. Es gilt das Prinzip der Nachlasseinheit.


Maßgeblichkeit des gewöhnlichen Aufenthalts

Die Rechtsprechung hat dafür den Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes entwickelt. Es soll bei der Bestimmung eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes vorgenommen werden und dabei die relevanten Tatsachen berücksichtigt werden, insbesondere die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist in der Erbrechtsverordnung nicht deckungsgleich mit dem Kriterium des Wohnsitzes.


Rechtsformwahl

Mit Einführung der EU-Erbrechtsverordnung wird der Privatautonomie größere Autonomie eingeräumt. Nach § 22 ErbVO kann der Erblasser künftig neben dem gewöhnlichen Aufenthalt für seine Nachlassplanung das Recht seines Heimatlandes als zuständig testamentarisch bestimmen.


Praxishinweis:

Zu prüfen sind in diesem Kontext Unterschiede der Ländergesetzgebungen unter anderem bei:

  • Pflichtteilsansprüchen
  • Zulässigkeit von gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen
  • Möglichkeit der Erb- und Pflichtteilsentziehung
  • Zulässigkeit von Vor- und Nacherbfolge sowie Nießbrauch
  • Rechte des Testamentsvollstreckers
  • Formelle Abwicklung des Nachlasses im jeweiligen Land

Muster für Testamentsklausel zur Rechtsformwahl:

Ich………………., bin Deutscher Staatsangehöriger. Ich wähle für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 22 der Europäischen Erbrechtsverordnung. Diese Rechtswahl gilt unbeschränkt, insbesondere auch dann, wenn ich meinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgebe.

In Kürze finden Sie dieser Stelle die erbrechtlichen Besonderheiten unserer europäischen Nachbarn, die unsere europäischen Partner und Mitglieder aufbereiten.

Praxishinweis: Unbedingt bestehende Testamente auf die Auswirkungen der Europäischen Erbrechtsverordnung überprüfen!